Donnerstag, 22. Februar 2007

Wenn sie mich ansieht, erstaunt mich ihr Blick immer wieder von neuem. Sie schaut mir immer direkt in die Augen. Es ist unglaublich, nahe zu unbeschreiblich, wie LAUT ein Blick ohne Worte sein kann. Es ist so, als würde eine ganze Geschichte durch ihre Augen hindurchsehen. Wenn ich ihre Augen sehe, bin ich mir sicher, dass sie eine Geschichte hat. Sie hatte etwas Besonderes, ganz bestimmt, und manchmal scheint es durch sie hindurch, wenn sie aus dem Fenster schaut oder einfach nur den Kopf hebt.
Sie war eine Aristokratin, da gibt es keinen Zweifel. Sie war reich und edel, eine Dame aus einem hohen Haus. Ganz bestimmt war sie eine Dame. Auch da gibt es keinen Zweifel. Dieser anmutige Stolz, er kann nur weiblich sein. Sie konnte sicher Minuett tanzen oder vielleicht auch Walzer, vielleicht spielte sie gut Klavier oder auch Cembalo, vielleicht beherrschte sie sogar Algebra... In ihrer Garderobe gab es Dutzende von Kleidern und jeden Morgen mussten Dienerinnen sie anziehen und ihre Korsetts schnüren. Vielleicht hasste sie Korsetts, oder sie nahm sie als einen Teil ihres Schicksals hin. Vielleicht fuhr sie abends zum Ball oder ihre Familie bekam Besuch. Dann musste sie Klavier spielen oder mit Gästen über die französische Literatur sprechen. Sie war schüchtern in ihrer Jungend. Vielleicht war sie verliebt, aber sie hätte es sich nie gestanden. Sie würde den Mann heiraten, den ihre Eltern für sie ausgesucht hatten, denn sie liebte ihre Eltern zu sehr, um ihnen zu widersprechen. Bestimmt war dieser Mann Offizier. Vielleicht war er sogar jung, das bedeutet, mindestens 10 Jahre älter als sie. Sie hat gelernt, ihn zu lieben, aber trotzdem nie ihre Jugendliebe vergessen. Sie war treu und moralisch. Sie hatte etwas von der Tatjana aus "Eugen Onegin". Sie hatte Kinder, die sie liebte und die sie zur selben Anständigkeit erzog. Sie war in Frankreich, Deutschland und Italien und sie schätzte die Kunst, unterwarf sich der Religion. Sie wusste, was sie wert war und war trotzdem nie selbstsüchtig.
Sie beteiligte sich nicht am allgemeinen Klatsch und Lästereien, denn sie langweilten sie.
Sie sprach nie viel und nie als erste. Aber sie beobachtete und erforschte mit den Augen. Und es schien, als wären diese Augen nicht der Spiegel ihrer Seele, sondern als würde sich ihre Seele genau in ihnen befinden. Als die Zeit für sie kam, zu sterben, hatte sie keine Angst. Sie erwartete das Ende ihres Lebens wie wenn es nur ein weiterer Ball wäre. Nur diesmal würde sie ihr schönstes Kleid anziehen, denn zum Menuett hat sie Gott selbst eingeladen.
Sie sieht mich an und ich muss mich wieder wundern, wie sie gelernt hat, mir so direkt in die Augen zu sehen.



(Jetzt werdet ihr denken, dass ich meine Tassen in der Spülmaschine vergessen habe. Aber nein, ich habe keine Spülmaschine :-P)

Donnerstag, 15. Februar 2007

Einfach wieder nur verloren in Gedanken

In der letzten zeit sind meine Einträge rar geworden, einfach, weil es nichts zu schreiben gab. Doch letzendlich muss ich was schreiben, sonst verwildert ja der Blog.
Also, was beschäftigt mich denn zurzeit? Nun ja, die Zukunft. Es muss angemerkt werden, dass mich immer entweder die Zukunft oder die Vergangenheit beschäftigt... manchmal sogar die Gegenwart, jedenfalls, eine von den dreien ist es immer.
Ich... ähm... habe das typische Teenager-kleine-Mädchen-Problem: ich weiß nicht, was ich studieren soll. Als ich klein war, dachte ich, ich werde alles in einem, wenn ich groß bin. Ärztin, Präsidentin, Sängerin und Schauspielerin. Ich dachte auch, ich werde selbstverständlich heiraten und Kinder haben. Ich war auch überzeugt, in dem schönsten Land der Welt geboren zu sein. Und ich habe mir nie Gedanken drüber gemacht, warum die Leute um mich herum auf unser Land einschimpften und es in den Dreck zogen, nur um dann wieder zu verkünden, wie heiß und innig sie es liebten. Ich war überzeugt, dass man alles erreichen konnte, wenn man nur fleißig in der Schule war und auf seine Mutter hörte.
Ich hätte nie gedacht, dass ich viele Jahre später auf die Frage hin, wo ich herkomme, erröten werde, als ob man mich bei etwas ertappt hätte. Ich hätte nie gedacht, dass ein kleines Kind der Grund für eine nie endende Depression sein könnte und ich hätte nie gedacht, dass Heiraten unmittelbar mit Sex verbunden ist. Ich hätte nie gedacht, dass etwas unerreichbar sein kann, OBWOHL man fleißig in der Schule ist und seine Mutter nicht enttäuscht.
Ich dachte, ich wäre ganz bestimmt zu etwas Großem bestimmt, aber ich hätte nie gedacht, dass der Sammelbegriff für solche Menschen "Narren" lautet und man sie heimlich auslacht.
Ich hätte nie gedacht, dass auch Idioten Träume haben können. Ich hätte nie gedacht, dass mir Überwindung kosten wird, an mein Äußeres zu denken. Ich hätte nie gedacht, dass Schuhe so weh tun können. Ich hätte nie gedacht, dass solche schöne, anmutige Wesen wie Frauen mit einer so gräßlichen und ekelhaften Sache wie der Menstruation gestraft sind. Von wem? Ich hätte nie gedacht, dass ich mal nicht an Gott glauben werde. Ich hätte mich geschämt, nicht an Gott zu glauben. Nun schäme ich mich, weil ich mich nicht schäme.

Ich denke, ich bin spätreif. Das heißt, ich weigere mich, an die kalte Welt der Erwachsenen zu glauben. Stattdessen erwarte ich ein Wunder. Ich weiß nicht, was es ist oder wie es ausschaut, aber ich brauche es mehr, als alles andere, und das ist naiv. Ich bin naiv. Vielleicht habe ich aber auch nur schwache Nerven. Die Nerven. Das wird es sein.